Architektur auf Rügen
- Nicola Christiansen
- 15. Feb. 2022
- 2 Min. Lesezeit
Ganzjährig gibt es in Binz mittwochs ab 10:00 eine Führung zur Bäder-Architektur, Treffpunkt ist das Haus des Gastes, Heinrich-Heine-Straße 7, Binz. Anmeldung bis zum Vortag: Besucherzentrum Haus des Gastes, Tel 038393 - 148 148.

Wenn man in Binz die Strandpromenade entlang schlendert und am Kurhaus vorbeikommt, fühlt man sich in die Zeit zurückversetzt, als das Grand Hotel noch „Klünders Strandhotel“ war und die Badekultur noch in den Kinderschuhen steckte. Beinahe möchte man meinen, es fehlten nur die vornehmen Damen in ihren langen Kleidern und mit aufgespannten Sonnenschirmen aus zarter Spitze.

Auch heute lädt die Strandpromenade mit seinen schmucken Bädervillen zum Flanieren ein. Doch der für die Ostseebäder so typischen Bäderarchitektur begegnet man in Binz nicht nur auf der Seeseite. Bis in den Ortskern hinein reichen die mit Erkern, Veranden, Türmen und verzierten Balkonen versehenen alten Häuser, die mit viel Liebe zum Detail rekonstruiert wurden und heute in neuem Glanz erstrahlen.
Dazu ist in Prora „Das Seebad der 20.000“ das maximale Kontrastprogramm.
Von Binz aus kann am Strand entlang nach Prora gehen. Der Weg dauert etwa eine Stunde.
Der kleine Ort Prora ist ein Ortsteil des Ostseebades Binz und liegt an der Bucht Prorer Wiek. Ende der 1930er Jahre erwarb die Gemeinschaft Kraft durch Freude ein 5 Kilometer weites Areal an der Ostseeküste. Auf diesem Küsten-Areal sollte ein 4,5 Kilometer langes Seebad entstehen, in dem 20.000 Volksgenossen einen bezahlbaren Urlaub an der See verbringen könnten, vergleichbar mit den großen Badeorten für einfache Familien in Großbritannien zu der Zeit – nur größer.

Jede Ferienwohnung würde Meerblick bieten. Die Korridore und Sanitärbereiche sollten landwärts liegen und jeder Flur Gemeinschaftstoiletten, Duschen und Baderäume enthalten. Dieser Prestige-Bau wurde zwar mit Beginn des zweiten Weltkrieges im Jahr 1939 eingestellt, dennoch entstanden bis dahin 8 aneinandergereihte, baugleiche Häuserblocks mit einer Gesamtlänge von immerhin 3,6 Kilometern. Bis auf 1 Block wurden die 8 geplanten Wohnblöcke und die südliche Festplatz-Randbebauung sowie die Kaianlage nur im Rohbau errichtet. Gar nicht realisiert wurden das geplante Schwimmbad, eine gigantische Festhalle und weite Teile der Wirtschaftsgebäude.

Im Jahr 1943 wurden Teile der südlichen Blocks ausgebaut, um Ersatzquartiere für ausgebombte Hamburger zu schaffen. Ab 1944 diente der KDF-Bau der Wehrmacht als Lazarett. Gegen Ende des Krieges fanden dort auch Flüchtlinge aus den früheren Ostgebieten eine Bleibe.

Die Anlage steht heute unter Denkmalschutz. Sie ist neben dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg die größte geschlossene architektonische Hinterlassenschaft der nationalsozialistischen Zeit. Um mehr über das Bauwerk, dessen Planung, Entstehung & Nutzung zu erfahren, gibt es das Dokumentationszentrum Dritte Straße 4, Block 3/ Querriegel, 18609 Prora. Es ist von Februar bis November täglich ab 10:00 geöffnet. Öffentliche Führungen über die Anlage des geplanten „KdF-Seebades“:
ab 1. Februar täglich um 11:15, Anmeldung unter prora@prora.eu
Haus des Gastes: https://villen.binz.de/haeuser/haus-des-gastes/
Webcams Binz: https://binzer-bucht.de/webcams/
Dokumentationszentrum Prora: http://www.proradok.de
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